EU-Kommission stellt Verbot von BPA in Aussicht!

EDC-Free Europe ist eine Koalition von mehr als 70 Umwelt-, Gesundheits-, Frauen- und Verbrauchergruppen in ganz Europa vertreten, die sich Sorgen über Hormonstörungen von Chemikalien (EDCs) und ihre Auswirkungen auf unsere Gesundheit und Tierwelt teilen. Im Juli 2023 wurde zu diesem Thema ein Brief an die EU-Kommission gerichtet, in dem sofortige Maßnahmen zur Minimierung von schädlichen endokrinen Chemikalien gefordert werden.

Hintergrund des Briefes war die Einschätzung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), dass Menschen aller Altersgruppen in der EU aufgrund der aktuellen Exposition gegenüber BPA einem Gesundheitsrisiko ausgesetzt sind. EDC-Free Europe meint dazu:

„Die allgegenwärtige Exposition gegenüber Bisphenolen und anderen schädlichen Chemikalien, beginnend mit frühen Lebensphasen, wie von Studien zur Biomonitoring-Studien des dokumentiert, stellt eine Verletzung der international und verfassungsrechtlich geschützten Menschenrechte dar. Diese Rechte umfassen die Rechte auf Leben und Gesundheit sowie das Recht auf eine saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt, wie von der UN-Generalversammlung im Juli 2022 anerkannt.“

In ihrer Antwort vom 17. August 2023 zeigte sich die EU-Kommission des Problems bewusst und stellte ein Verbot von BPA und anderen Biphenolen für 2024 in Aussicht. Es bleibt zu hoffen, dass dieses Ziel auch umgesetzt und nicht von den Vertretern der Industrie verwässert wird.

Was sind Bisphenole?  

Zu den Alkylphenolen gehören Substanzen wie Nonyphenol, Octylphenol und das bekannte Bisphenol A (BPA). (Uhl et al., 2004, S. 34) Bei BPA handelt es sich um eine hormonell aktive Substanz, die als eine der meistproduzierten Chemikalien weltweit gilt. Als Ausgangssubstanz wird es in Polycarbonaten (PC) und Epoxidharz verwendet sowie als Stabilisator in PVC-Produkten. Ähnlich wie Weichmacher kann es in den Hausstaub, Luft, Wasser und Nahrungsmittel übergehen. Typische Produkte, in denen BPA vorkommt, sind Spielzeug, Lebensmittelverpackungen, Konservendosen, Kunststoffgeschirr, sämtliche PVC-Produkte (PVC-Böden, Möbel, Gegenstände), Kassazettel und Elektronik sowie Recyclingpapier und Kosmetika. (Hartmann et al., 2015, S. 14)

Octyl- u. Nonylphenol werden zur Herstellung von Kunstharzen- und Lacken, Weichmachern und Tensiden verwendet und können im Hausstaub nachgewiesen werden. Alkylphenole weisen endokrine Wirkungen auf, führen zu verminderter Spermienzahl, Veränderung der Sexualentwicklung, Verhaltensveränderungen beim Nachwuchs und es gibt Hinweise auf immuntoxische Effekte. (Uhl et al., 2004, S. 35) Bei BPA sind negative Auswirkungen auf das Hormonsystem bekannt und es wird für die zunehmende Unfruchtbarkeit von Männern verantwortlich gemacht. (UBA, 2018e)

Die vom Umweltbundesamt durchgeführten Hausstaubuntersuchungen in 2004 zeigten auch für die Alkylphenole ähnliche Werte wie im Klärschlamm. Es wird darauf hingewiesen, dass vergleichbare Konzentrationen bei Ratten bereits zur Veränderung der Reproduktionsorgane führen. (Uhl et al., 2004, S. 36) BPA ist aufgrund der Reproduktionstoxizität und endokrinen Wirkung nach EU-REACH-Verordnung in der Kandidatenliste für sehr gefährliche Stoffe gelistet. Seit 2011 ist BPA in Babyflaschen verboten, in Österreich besteht zusätzlich ein Verbot in Schnullern und Beißringen. (UBA, 2018e). Bereits seit 2005 ist der Einsatz in Kosmetik verboten. (Hartmann et al., 2015, S. 15)

Im Jahr 2008 zeigte eine Untersuchung des US-Gesundheitsinstituts NIH, dass BPA Auswirkungen auf die Gehirnentwicklung von Föten und Neugeborenen haben kann (NIH, 2008). Weiters konnte ein Zusammenhang von BPA und Verhaltensauffälligkeiten wie Aggressivität und Aufmerksamkeitsproblemen bei Kindern festgestellt werden. (Evans et al., 2014) Aufgrund der wachsenden toxikologischen Bedenken wird BPA daher zunehmend durch den Ersatzstoff BPS ersetzt, das bereits in weiten Teilen der Welt bei Human-Biomonitoring-Studien nachgewiesen werden kann. (Liao et al., 2012)

Von Bisphenol A zu Bisphenol S?

Bisphenol A (BPA) ist nicht nur in der Kunststoffindustrie eine beliebte Chemikalie. Es ist auch ein Schadstoff, der das Hormonsystem des Körpers beeinträchtigen und das Gehirn verändern kann. Infolgedessen hat die EU die Verwendung in Babyprodukten für vier Jahre verboten. Doch Forscher stellen nun fest, dass die Alternative Bisphenol-S genauso schädlich ist. Deshalb empfehlen Umwelt- und Gesundheitsexperten, bei Babyprodukten auf Plastik zu verzichten oder auf die Kennzeichnung „Bisphenol-frei“ nicht nur „BP-A-frei“ zu achten. (ORF, 2015)

Untersuchungen mit geringen Konzentrationen von BPA und BPS zeigten für BPS eine deutlich stärkere Wirkung auf Gehirnzellen, die für Aufmerksamkeit und Aggressivität zuständig sind; BPA 180 % und BPS 240 %. (Kinch et al., 2015) Der BPA Ersatzstoff BPFL zeigte bei ersten Untersuchungen anti-östrogene Wirkung, die bei Mäusen zu einem gehemmten Fötenwachstum und veränderter Genaktivität führte. (Zhang et al., 2017)

Literaturverzeichnis:
Uhl, M., Hohenblum, P., Scharf, S., Trimbacher, C., Kaller, D., & Krötzl, M. (2004). HAUSSTAUB – EIN INDIKATOR FÜR INNENRAUMBELASTUNG; Umweltbundesamt GmbH Spittelauer Lände 5, 1090 Wien. Retrieved from http://www.umweltbundesamt.at/fileadmin/site/publikationen/BE258.pdf
Hartmann, C., Uhl, M., Weiß, S., & Scharf, S. (2015). PHTHALAT-UND BISPHENOL A-BELASTUNG IN ÖSTERREICH Ergebnisse einer Human-Biomonitoring-Studie; Umweltbundesamt GmbH Spittelauer Lände 5, 1090 Wien/Österreich. Retrieved from http://www.umweltbundesamt.at/
UBA. (2018e). Umweltbundesamt: Bisphenol A; Spittelauer Lände 5, 1090 Wien/Österreich, http://www.umweltbundesamt.at. Retrieved August 8, 2018, from http://www.umweltbundesamt.at/umweltsituation/schadstoff/schadstoffe_einleitung/bpa
NIH. (2008). NTP-CERHR Monograph on the potential human reproductiv and developmental effects of bisphenol a; https://ntp.niehs.nih.gov/. Retrieved from https://ntp.niehs.nih.gov/ntp/ohat/bisphenol/bisphenol.pdf
Evans, S. F., Kobrosly, R. W., Barrett, E. S., Thurston, S. W., Calafat, A. M., Weiss, B., … Swan, S. H. (2014). Prenatal bisphenol A exposure and maternally reported behavior in boys and girls. NeuroToxicology, 45, 91–99. https://doi.org/10.1016/j.neuro.2014.10.003
Liao, C., Liu, F., Alomirah, H., Loi, V. D., Mohd, M. A., Moon, H.-B., … Kannan, K. (2012). Bisphenol S in Urine from the United States and Seven Asian Countries: Occurrence and Human Exposures. Environmental Science & Technology, 46(12), 6860–6866. https://doi.org/10.1021/es301334j
ORF (2015). Auch Bisphenol-A-Ersatz ist schädlich, abgerufen am 28.11.2023: https://newsv2.orf.at/stories/2261051/)
Kinch, C. D., Ibhazehiebo, K., Jeong, J.-H., Habibi, H. R., & Kurrasch, D. M. (2015). Low-dose exposure to bisphenol A and replacement bisphenol S induces precocious hypothalamic neurogenesis in embryonic zebrafish. Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America, 112(5), 1475–1480. https://doi.org/10.1073/pnas.1417731112
Zhang, Z., Hu, Y., Guo, J., Yu, T., Sun, L., Xiao, X., … Hu, J. (2017). Fluorene-9-bisphenol is anti-oestrogenic and may cause adverse pregnancy outcomes in mice. Nature Communications, 8, 14585. https://doi.org/10.1038/ncomms14585
Wie können Schadstoffe in Innenräumen nachgewiesen werden?

Bisphenole und andere schwerflüchtige Schadstoffe reichern sich im Hausstaub an und können durch Hausstaubanalysen nachgewiesen werden.

Lassen Sie die Belastung mit Schadstoffen in Ihren Wohnräumen untersuchen!

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Published On: Dezember 2, 2023|Kategorien: Schadstoffe|Schlagwörter: , , , , |7,1 min read|

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